Der Singkreis wandert zehn Tage „im Atlantik“ vom 07.02. bis 16.02.2019
Im Februar gab es wieder einmal eine dieser schon legendär gewordenen Fahrten mit dem Singkreis der Sektion Weinheim im Deutschen Alpenverein. Wie schon die stattliche Zahl von 34 Teilnehmern von Aktiven und Freunden erkennen lässt, hatte Walter Hebling den Geschmack der Reiselustigen ganz richtig getroffen. Madeira, ein Sehnsuchtsziel, unmöglich daran zu denken, ohne dass Bilder erscheinen von Blumen im ewigen Frühling, von steilen vulkanischen Bergen und Klippen im windumtosten Meer und was sonst noch so dort ist.
Wie es sich gehört im deutschen Winter, wurde die Gruppe auf der Fahrt zum Flughafen von einem Nieselregen verabschiedet, um dann im wärmenden Sonnenschein zu landen, empfangen von unserer vortrefflichen Reise- und Wanderleiterin Dolores. Zum zweiten Teil der Begrüßung gab es dann von ihr im Hotel ein Glas Madeirawein, ein Stückchen heimischen Kuchen und eine kleine Lektion in Portugiesisch. Unser Hotel Rocamar lag in Canico de Baixo, direkt am Meer auf Klippen, die Küche und der Service verwöhnten uns heftig.
Dolores‘ Wanderprogramm spielte sich häufig auf den Levadas ab, den Wasserkanälen, die bereits ab Anfang der Besiedelung von den Bauern angelegt wurden und an denen immer noch das Leben der Menschen hängt. Hier hat wie öfter auch sonst auf der Welt die Natur ihre Gaben ungleich verteilt, der Norden hat das Wasser, der Süden die Sonne und dazwischen liegt die zentrale Gebirgskette.
Die Levadas bringen das Wasser dahin, wo es gebraucht wird. Kein Mensch weiß, wie viele Kilometer Levadas es wirklich gibt, deren 2000 sei die zuverlässigste Schätzung. Ihr Wasser macht die Landwirtschaft und das menschliche Leben in den Siedlungen überhaupt erst möglich. Neben jedem dieser künstlichen Wasserläufe ist ein Weg oder Pfad, dadurch ist das Wandern mindestens sehr erleichtert. Die Levadas folgen in etwa den Höhenlinien des Geländes, quasi rund um die Insel, in mehreren Stockwerken, ca. alle hundert Höhenmeter, oft in Tunnels, in denen es nass sein kann und jedenfalls dunkel ist.
Nicht leicht ist das Leben der Einheimischen bis in die Gegenwart hinein. Der Boden ist zwar fruchtbar, aber der Einsatz von Maschinen ist im Bau von Straßen, Häusern und Levadas erst etwas später und in der Landwirtschaft noch gar nicht angekommen. Jahreszeiten gibt es auch hier, der Winter ist kühler und niederschlagsreicher, vor allem die Pflanzen haben einen deutlichen Rhythmus. Ganze Familien arbeiten in den Gärten bei der Frühjahrsbestellung oder bei der Ernte von Kartoffeln und Süßkartoffeln, eine ganze Reihe subtropischer, bei uns unbekannter Obstarten hat schon Früchte angesetzt. Unendlich viel von dem, was so schön aussieht, ist der Natur unter ungeheurem Einsatz abgerungen. Für uns blühten vor allem die Kamelien, die Strelitzien, die Kallas, die Proteen in mehreren Arten, die allgegenwärtigen Eukalyptusbäume und die (echten) Akazien, darunter die Mimosen.
Ganz im Kontrast zu den Eindrücken des Landlebens stehen die modern ausgebauten Straßen, die quirlige Hauptstadt Funchal und die fast überall sehr gute touristische Infrastruktur. Dolores erzählte viel über das Bildungswesen und das politische System der Insel als autonomer Bestandteil von Portugal.
Und nun zum Wandern, die in drei unterschiedlichen Gruppen je nach Bewegungsbedürfnis und Unternehmungslust erfolgten.
Wir lernten viel von Madeira kennen, aus verschiedenen Perspektiven, sei es aus dem Bus, (virtuos gelenkt an allen Tagen von Kalasse), oder zu Fuß.
Zwei Touren brachten uns ins Tal der Ribeira (=Fluß) de Jamela mit seinen Lorbeerwäldern, einmal im unteren Bereich, dann auch noch an den Ursprung des Tales mit seinen Wasserfällen: die Cascato do Risco und die 25 Fontes.
Ebenfalls als Levadawanderung begann die Tour von Prazeres aus, um dann aus etwa 600 m Höhe über einen alten steilen Pfad zum Meer nach Paul do Mar zu führen.
Interessant war die Fahrt zur Halbinsel Sao Lourenco ganz im Osten mit ihrer abenteuerlich schroffen vulkanischen Formationen; man langt mehr als einmal hin, ob das Zeug wirklich schon kalt ist? Hoch hinaus ging es zum Pico Arieiro, dem windigen, von dort aus auf teils schwindelerregenden, doch immer gut gesicherten Wegen zum Pico Ruivo, dem Roten (1862 m). Beim optimalen Wetter bewunderten die Wanderer eine tolle Gebirgslandschaft und mit dem Blick weit bis aufs Meer hinaus.
Genauso schön der Weg von Ribeira Seca über die Boca da Risco den Steilhang entlang hoch über dem Meer nach Porto da Cruz, mit der alten Zuckerfabrik, heute vor allem angesehen wegen der Herstellung von Rum.
Den Blumenfreunden ging das Herz auf in den weiträumigen Anlagen der Familie Blandy, auch bekannt unter Quinta da Palheiro.
Eine letzte Probe auf Schwindelfreiheit war möglich auf der Glasbodenaussichtsplattform des Cabo Girao, bevor uns Madeira am Ende einer Levadawanderung mit Regenbögen grüßte.
Den einen Tag zur freien Verfügung nutzten viele zur Erkundung der Hauptstadt Funchal.
Unser herzlicher Dank gilt vor allem Walter Hebling für die Organisation und Dolores für ihre Reiseleitung vor Ort.
Hans Schlabing