Entlang an Bodden, Kreidefelsen und Backsteingotik vom 03.07.2013 bis 13.07.2013
Die Anspannung der letzten Tage weicht, wir sitzen bequem im Zug und fahren, die Räder gut verstaut, quer durch Deutschland.
Wir, eine Gruppe von der DAV- Sektion Weinheim, die per Zug von Weinheim, umsteigend in Heidelberg und dann am Rhein entlang über Köln, durch den Ruhrpott nach Bremen und weiter über Hamburg, Schwerin bis nach Stralsund fuhren.
Der Regen, wie gewohnt aus letzter Zeit, hat uns bis nach Köln begleitet, danach gab es nur noch Sonne pur. Im Younior-Hotel in Stralsund, ein Jugendherbergsersatz, fanden wir für 2 Nächte Unterkunft mit HP-Versorgung. Noch am Abend waren die ersten Schnupperschritte ins Zentrum fällig.
Nach einem reichhaltigen Frühstück am nächsten Morgen konnte die Besichtigung von Stralsund beginnen. Der Backsteingotik der Hansestadt galt unser Interesse. Besonders reizvoll ist natürlich das Rathaus aus dem 13. Jh. mit seiner Blendfassade. Ein Profanbau, der – nicht nur in der Hansezeit – das Aushängeschild der Stadt war, sondern immer noch ist. War der Bau am Anfang der Geschichte Sitz des Rates, die Gerichtsbarkeit, eine Tuchhalle im Untergeschoss, und im Erdgeschoss kleine Verkaufsläden, so sind heute das Rathaus und diverse Geschäfte zu erwähnen. Gleich dahinter steht die Nikolaikirche, die älteste der drei Kirchen aus dem 14. Jh.. Dem heilige Nikolaus (von Myra) Schutzpatron dieser 3-schiffigen Basilika und auch Schutzpatron der Seefahrer ist diese Kirche geweiht. Die Marienkirche, als größte Pfarrkirche bekannt, stammt in der heutigen Form aus dem 14. Jh. und stellt mit dem 104m hohen Glockenturm die Silhouette von Stralsund dar. Von ihm, ersteigt man die 366 Stufen, liegt die Stadt zu Füßen und man stellt die Inselcharakteristik fest. Der Blick auf Altstadt, unweit die neue Autotrasse nach Rügen, die Schiffswerft und die vielen kleinen Bodden und Teiche, die Stralsund umgeben, sind Anlass wahrer Begeisterung. Zu erwähnen seien noch die vielen Kaufmannshäuser in Backsteingotik, ein Zeichen früheren Reichtums, die heute fast alle in gut renoviertem Zustand sind. Dazwischen gibt es noch einige verkommene und verlassene Gebäude zu sehen – auch das gehört zum heutigen Stadtbild.
Mit einer 3-stündigen Schifffahrt von Stralsund über Vitte auf Hiddensee nach Schaprode auf Rügen begann der 1. Radeltag.
Auf See war es interessant, wie sich der ganze Schiffsverkehr in den mit roten und grünen Fähnchen abgesteckten Fahrrinnen bewegt. Über Bergen, zentral auf Rügen gelegen und auch auf einem Berg (Hügel) gelegen, fuhren wir zur längsten Jugendherberge der Welt, nach Prora, um für 2 Tage zu bleiben. Die Jugendherberge ist vor 2 Jahren in den nördlichsten Teil des Kolosses von Prora eingezogen. Die Gebäude wurde 1936 unter den Nationalsozialisten erbaut und stellt auf 4,5 Km Länge mit kleinen Unterbrechungen ein riesen Komplex dar. Der nur 100m weit entfernte Strand zur Ostsee machte uns noch am Abend neugierig und lud zum kurzen Bad ein.
Ein Bilderbuchtag stellte sich zum Wandertag ein. Der Nationalpark Jasmund, der sich von Sassnitz zum Königsstuhl erstreckt, und der mit 118m die höchste Erhebung auf den Kreidefelsen ist, war das Ziel. Per Rad wurde Sassnitz erreicht, dann ging es zu Fuß sowohl am Ufer der Ostsee entlang, als auch im Buchenwald über den Felsformationen. Großartig die Blicke zur Ostsee und auf die Felsformationen, die bis zur Aussichtskanzel Königsstuhl reichten. Der Abend klang mit einem Besuch im naheliegenden Ostseebad Binz aus.
Auch der folgende Tag gehört zu den Highlights dieser Ostsee-Radel-Woche. Von Prora über Binz zum Jagdschloss Garnitz, weiter über Sellin zur Südküste der Insel Rügen war der erste Teil. Nahe am Ufer, auf verschlungenen Wegen, führt dieser Ostsee-Radweg weiter über Lauterbach, Putbus, zur Glewitzer Fähre, die von April bis Oktober die Verbindung zum Festland herstellt. Die letzten 20km auf Kopfsteinpflaster waren noch zu überwinden, ehe Greifswald erreicht wurde.
Die Altstadt von Greifswald war Ziel des nächsten Vormittags. Ein Rundgang vom Marktplatz mit dem „Roten Rathaus“ aus dem 13. Jh., das ursprünglich als Kaufhaus gebaut wurde, daneben die Ratsapotheke , die ihren neogotischen Umbau im Jahre 1880 erfahren hat, dann die repräsentativen gotischen Giebelhäuser gehören zur Marktplatzidylle. Hinter dem Rathaus befindet sich der neugestaltete Fischmarkt mit interessanten Skulpturen am Fischerbrunnen. Es folgten der Dom St. Nicolai, ebenfalls ein Backsteingebäude aus dem 13. Jh., das Rubenowdenkmal, das 1856 zur 400-Jahr-Feier der Uni aufgestellt wurde und die Uni-Gebäuden mit herrlichem Innenhof. Am Nachmittag erreichten wir Peenemünde auf Usedom mit seinem Historisch-Technischen Museum, das Einblick in die deutsche Geschichte mit dem Bau der A4-Rakete gab.
Die Seebäder von Zinnowitz über Bansin, Heringsdorf, Ahlbeck bis Swinemünde in Polen war Ziel des folgenden Tages.
Schöne Kuranlagen, altehrwürdige Häuser aus der Kaiserzeit, in diesen sich der Hochadel einfand, die Seebrücken, die weit in die Ostsee reichen, und das bei schönstem Sonnenschein, sind unvergessliche Momente. Der Ostsee-Radweg, der zu diesen Orten führt, geht meist durch Wälder die zwar gut zu befahren sind, aber auch bis zu 16% Steigung/Gefälle aufweisen. Hier waren wir schon gefordert.
Mit der Bahn ging es am nächsten Tag wieder zurück nach Stralsund um dann per Rad weiter auf dem Ostsee-Radweg nach Westen zu fahren. Über Klausen führt der Weg nach Barhöft mit seinem 38m über dem Meer hohen Aussichtsturm. In der DDR-Zeit, 1986 gebaut, diente er zur Überwachung der damaligen Grenze, heute ist er der Allgemeinheit zugänglich und bietet prächtige Blicke nach Hiddensee, Stralsund und in die Barther- Boddeneinfahrt. Zwei Nächte verweilten wir in der JH Barth, der ein größeres Gestüt angeschlossen ist und neben Reitkursen auch therapeutischen Zwecken dient.
Am vorletzten Tag war eine Rundtour angesagt, die nach Zingst, Prerow, Wiek am Darss und Born führte, wo der Ostseestrand bzw. die Bodden im Mittelpunkt standen. Die Türen der alten Kapitänshäuser in Prerow, die reedgedeckten Häuser und kleine Kuranlagen waren zu besichtigen. Ein herrlicher Sonnenuntergang auf Zingst, war das Abschiedsgeschenk, ehe wieder die JH. in Barth erreicht wurde.
Am letzten Tag waren nochmals 75 Km nach Rostock zu radeln. Eine Zwischenstärkung in Ribnitz bescherte uns nochmals Fischbrötchen in allen Variationen.
Rostock, die 3. Hansestadt, die noch am Abend besucht wurde, rundete mit dem schönen Stadtzentrum unsere Radtour ab, ehe es samstags per Zug wieder nach Hause ging. Eine unvergessliche Radtour an die Ostsee mit vielen Eindrücken wird uns noch lange in Erinnerung bleiben.
Walter Hebling